FPV–Race Weltmeisterschaft in Hangzhou aus der Sicht eines Schiedsrichters

 

 

 

Hangzhou, wo zum Teufel ist Hangzhou? Ich hatte nie zuvor davon gehört. Hat Hangzhou überhaupt einen Flughafen? Das ging mir durch den Kopf, als ich die Einladung als FAI-Schiedsrichter bekam. Als ich im Flieger saß und in Hangzhou am Gate 139 ausstieg wurde mir klar, hier passt der Berliner Flughafen mehrfach rein. 1200m bis zum Gepäck werden auf Laufbändern zurückgelegt, das Gepäck kommt gleichzeitig mit mir am Band an und dann erwartet mich schon mit einem großen blauen Schild eine Betreuerin. 24 km geht es in die Stadt hinein, in der 13 Mio. Menschen leben. Ich bekomme ein Zimmer im 19.Stock des Tower-Hotels, das Hotel hat 34 davon und die Krönung im wahrsten Sinn des Wortes ist die Restaurant-Kuppel, rund wie eine Kugel und drehbar gelagert. Die Organisation der Chinesen ist wieder perfekt. Was ich für ein Restaurant gehalten habe ist so etwas wie ein Wachsfigurenkabinett mit alten Chinesen, die ein Spiel mit sehr vielen kleinen Steinen spielen, dass ich so schnell nicht begreifen werde.

 

Ich hatte noch zwei Tage Zeit, die Stadt zu erkunden. Gebaut wird hier nur noch 40 Stockwerke plus. Vorbei ist auch die eintönige braune Architektur mit glatten Fassaden, gebaut wird in modernen Farben und geschwungenen Formen. Und überall kleine Parkanlagen. Der Verkehr ist fast vollständig unterirdisch, was mit E-Autos kein Problem ist.

 

In der Mitte der Stadt direkt neben dem Hotel befand sich auch das Stadion mit dem Track für die Weltmeisterschaft. Ein typisch chinesischer Track aus starken Wasserrohren und natürlich dreidimensional. Wer es sich so nicht vorstellen kann – eine beleuchtete Achterbahn trifft es am besten.

 

Für den Track wurde wieder eine historische Vorlage bemüht. War es in Ningbo der Fisch so sind es hier die Acht-Trigramme-Felder der Region. Mittels dieser Form hatte man früher verschiedene Pflanzensorten angebaut.

 

Einen kleinen Nachteil hatte die Trackgestaltung allerdings. Die Piloten saßen etwas weit vom entferntesten Punkt des Tracks weg an der Schmalseite des Stadions. So waren Bildstörungen zu erwarten, die dann auch eintraten. Da waren hohe Antennen klar im Vorteil, die von verschiedenen Teams aus langen Stangen und Brotbüchsen gebaut wurden.

 

Die ersten beiden WM-Tage verliefen hervorragend organisiert und dementsprechend ganz ruhig. Wir hatten viel Zeit für Registrierung und Modell-Processing. Was soll man auch noch als Schiedsrichter kontrollieren? Das Maximalgewicht von 1kg? Damit fliegt keiner, die schwersten Modelle bringen heute 550g auf die Waage!  Die Sendeleistung? Kann man auf dem Sender per Knopfdruck erhöhen!  Den Propellerdurchmesser? Was bleibt ist die File-Save-Funktion und die LED Beleuchtung. Aber da es die Regeln erfordern wiegen und vermessen wir jedes Modell.  Alles kein Problem, es wird gemacht und gut ist es.

 

Das eigentliche Problem kam am zweiten Tag von Süden – ein Taifun wollte unbedingt an Land. Und obwohl wir ca. 300km entfernt waren kam ein Regen, wie ich ihn so überhaupt noch nicht kannte. Das Wasser kam von oben, von links, von rechts, von vorn und hinten.

 

Die Eröffnung wurde vorsorglich in das Innere des Hotels verlegt, was sich als richtig erwies. Damit entging uns aber die angekündigte große die Drohnen-Show.

 

An Fliegen war auch am Folgetag zunächst nicht zu denken. Für die Schiedsrichter war ein schöner Raum im Stadion eingerichtet, was das Warten problemlos machte.



Als der Regen am späten Nachmittag etwas nachgelassen hatte, wurde die Entscheidung für einen Nachtflug getroffen, so dass die erste Qualifikations-Runde stattfinden konnte. Leider hatte die Stadion-Technik den Regen nicht so gut überstanden wie die Teilnehmer – Menschen sind eben prinzipiell wasserdicht. Und so konnten wir erst um 18.00 Uhr beginnen waren gegen 24.00 Uhr endlich im Hotel.

Den Teilnehmern war das relativ egal, die saßen in einem trockenen Zelt und flogen 10 Minuten, die Schiris sitzen bei Regen die ganze Zeit im Freien. Und so sieht mein Arbeitsplatz aus:

 

 

So wie der Regen kam war er am kommenden Tag wieder weg und die zwei ausstehenden Qualifikationsrennen konnten stattfinden. Der Kurs hatte mehr als 50 Tore und Hindernisse, die in durchschnittlich 30 Sekunden durchflogen wurden. Da war hohe Konzentration angesagt, zumal es sehr viele Wiederholungen an den Toren gab. Aber das Schiedsrichterteam ist seit der ersten Weltmeisterschaft in Shenzhen fast unverändert und damit eingearbeitet und erfahren.


 

Die Experten aus den USA, die für die Auswertung verantwortlich zeichneten, hatten für eine Neuheit gesorgt. Falls ein Schiedsrichter nicht sicher war, ob ein Tor regelgerecht durchflogen wurde, konnte er eine Zeitmarke setzen und sich im Nachgang den Teil der Aufzeichnung ohne zu Suchen in Slow-Motion anschauen. Das ersparte oftmals langwierige Diskussionen mit den Piloten. Und dann war das Bild der Schiedsrichter natürlich besser als das Bild, das die Piloten auf der Brille hatten. Wir hatten die Bild-Übertragung der Ground-Station zur Verfügung, die allerdings mit einem relativ großen Zeitversatz behaftet ist. Zum Fliegen also ungeeignet aber für die Auswertung top.

Interessant war in diesem Jahr auch die Konstruktion der Tore. Die Grundkonstruktion war mit dicken Schaumplatten ummantelt wie sie für Fußbodendämmung verwendet werden und mit Folie getaped. Wenn diese Tore von Drohnen getroffen wurden, hinterließen sie fast keine Schäden und gestatteten in vielen Fällen ein Weiterfliegen.

Am Sonntag ging es zügig dem Finale entgegen. Nach den Elimination Rounds, die als Double Elimination geflogen wurden stand fest, die besten vier Piloten waren alles Junioren.

 

Aus diesem Grund wurde nur ein Gesamt-Finale ausgetragen, das der Japaner Yuki Hashimoto gewann. Im Frauenfinale setzte sich die Italienerin Luisa Rizzo durch. Bei der Mannschaftswertung belegte Süd-Korea Platz 1.


 

Eine Stunde Pause, dann ging alles ganz schnell, die Siegerehrung im Stadion und das Abschlussbankett im Kreis des Schiedsrichterteams wieder im Hotel. Endlich einmal Zeit zum Entspannen. Wir hatten ein gutes Verhältnis zu unseren Kellnern entwickelt uns so bekamen wir einen der begehrten Tische am ansonsten als Stehbuffet gedachten Bankett.

 

 

Dann haben wir noch ganze zwei Tage Zeit die Stadt zu entdecken. Natürlich gibt es erst einmal zwei Stunden Frühstück, das entspricht etwa einer Runde im drehbaren Restaurant. Ich habe dem Koch sanft beigebracht, dass es reicht, ein Ei von einer Seite zu braten und Matthias genießt eine chinesische Nudelsuppe zum Frühstück. Wer bei diesem Frühstücksangebot meckert tickt nicht richtig.

 

 

  

Dann geht es in die Stadt. Taxen sind extrem billig und fahren mit 50km/h Mindestgeschwindigkeit. Der Preis steht vor Antritt der Fahrt fest und variiert nicht. Trinkgeld wird als Beleidigung aufgefasst - es ist eben eine andere Kultur.

 

Die Stadt ist toll und redet. In Hangzhou redet alles, die Schranke, die Rolltreppe, der Putzrobotter. Waren es einst die LED die überall blinkten, so ist es jetzt die Sprachsoftware, die uns überall begegnet. Leider versteht man nichts! Natürlich sind die LED geblieben, die Stadt ist nachts beleuchtet. Allerdings erlöschen diese Punkt 21.30 Uhr, dann gehen Chinesen scheinbar schlafen.

 

Der Verkehr findet fast ausschließlich elektrisch statt und das merkt man, es íst unheimlich leise und die Luft ist sauber.

 

Ein Großteil des Verkehrs hat man unter die Stadt verbannt, das ist bei den E-Autos kein Problem.

Wir schauen uns dann in einem großen Shopping Center Autos an und verstehen, warum sich unsere Autoindustrie Sorgen macht. Da stehen Marken, von denen ich noch nie gehört habe mit einer Softwareausstattung, da gilt selbiges.

Abends essen wir im Hotel. Wir sind in einer absoluten Fischgegend, aber wir machen uns nichts aus Krabben, Tintenfischen und Garnelen.

Also gibt es Nudelsuppe.

 

 

Ich bevorzuge für die Suppe Stäbchen, Matthias sind Messer, Gabel und Löffel lieber!

 

Dann ist die Zeit rum, es geht am Mittwoch wieder zurück nach Deutschland. Der Service am Flughafen ist sehr gut, wir hatten ein Problem mit dem online Checkin. Die Mitarbeiterin am Schalter nahm sich natürlich Zeit uns zu helfen, denn es waren genügend Schalter offen, also gab es auch keine Schlangen.

 

Dann wartet das Flugzeug. 3 Stunden nach Peking und dann 10 Stunden nach München und es war geschafft. Am internationalen Flughafen München empfangen uns zwei defekte Rolltreppen. Und jetzt wussten wir, wir sind wieder zu Hause.